1. Native Advertisement – Idee & Wirkung
Unternehmen setzen oftmals „native advertisement“ ein; hier ist auf den ersten Blick nicht erkennbar, dass es sich um „Werbung“ handelt, ein. Das Layout und die Typographie der Anzeige entspricht 1:1 dem redaktionellen Teil des Werbeträgers. Es besteht die gesetzliche Pflicht diese Form der Werbung zu kennzeichnen – meist umgesetzt in der Form „Sonderveröffentlichung der Marke XY“ oder vergleichbaren Formulierungen. In unserem Forschungslabor, dem IXL (Insight Excellence Lab) Labor der RWU (Ravensburg – Weingarten University of Applied Sciences) wurde in der Bachelorthesis von Jan-Niklas Krotlinski (Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen/Technik Management) eine native Adverstisement Anzeige des E-Commerce Anbieters „Allyouneed“ untersucht.
Die beiden Forschungsfragen lauteten:
- OB
- WIE
native advertisement wirkt.
Bitte beachten: Der Anbieter „Allyouneed“ hat zum 31.12.2018 seine Geschäftstätigkeit eingestellt.
2. Key Insights
Native Advertisement wird als Werbung wahrgenommen?!
Die entscheidende Frage beim native adverstisement lautet: Erkennt der Leser/Betrachter, dass es sich um Werbung handelt?
Falls die Antwort lautet: Ja; dann arbeitet native adverstisement nicht -> Wer betrachtet schon Werbung minutenlang?…
Falls die Antwort lautet: Nein; dann arbeitet native adverstisement
Wird in der Praxis native advertisement als solches erkannt? Die Antwort liefert Eye Tracking. Mittels Eye Tracking kann dies verlässlich und valide getrackt. Die Abbildung 1 zeigt ein Eye Tracking Screenshot eines Probanden, dieser nimmt oben rot gekennzeichneten Pflichthinweis „Sonderveröffentlichung der All You Need GmbH“ nicht wahr. Die Fixationen des Probanden – sprich „was wurde gesehen“, ist abgebildet mittels der violetten Kreise. Was nicht gesehen werden wurde, nicht fixiert wurde, kann nicht wahrgenommen werden.
Abb. 1: Allyouneed Anzeige
Quelle: Allyouneed Anzeige im Spiegel Nr. 50/2017; IXL Screenshot
Zusätzlich zur Wahrnehmung des Pflichthinweises ist es aufschlussreich die Betrachtungsdauer der Anzeige im Vergleich zur Betrachtungsdauer eines „normalen Spiegel Artikels“ zu vergleichen. Video 1 zeigt dies eindrucksvoll; der Proband liest die Anzeige „Wort für Wort“ wie einen „normalen Spiegel Artikel“…
Video 1: Allyouneed Anzeige
Quelle: Allyouneed Anzeige im Spiegel Nr. 50/2017; IXL Videoaufnahme
Bei der Fallzahl n= 1 in Abbildung 1 lassen sich nicht belastbare Rückschlüsse ziehen, ob der Hinweis „Sonderveröffentlichung“ generell wahrgenommen wird – oder nicht. Abbildung 2. zeigt die kumulierten Blicke aller Probanden: Es ist sofort ersichtlich, dass die große Mehrheit; exakt 85,72 Prozent, den Hinweis „Sonderveröffentlichung“ nicht wahrgenommen hat. Die ist notwendige Bedingung, dass native advertisement arbeitet – wenn der „redaktionell getarnte“ Artikel als Werbung wahrgenommen wird; arbeitet das gesamte Instrument nicht. Ob dies der Fall ist oder nicht lässt sich im Vorfeld verlässlich mittels Eye Tracking feststellen. Teure Fehlinvestitionen werden auf diese Weise verhindert.
Abb. 2: Allyouneed Anzeige -Alle Probanden kumuliert
Quelle: Allyouneed Anzeige im Spiegel Nr. 50/2017; IXL Screenshot Alle Probanden
Im nächsten Schritt wird die Effektivität untersucht; diese ist deutlich höher als bei „herkömmlicher Werbung“:
Im Beispiel, native advertisement vs. „normale Anzeige“ wurde:
- Ein dreifacher größerer Recall (gestützt) erzielt
- Das Vertrauen in den Anbieter wuchs um 40 %
- Die Kaufabsicht war um 86% größer. Diese Indikatoren belegen eindrucksvoll, immer unter der Voraussetzung, dass native advertising nicht als solche wahrgenommen wird (dies sollte im Vorfeld mittels Eye Tracking getestet werden), dass die Effektivität von native advertising erheblich größer sein kann.